Das Projekt Frank Arnesen beim Hamburger SV ist also seit Mittwoch Geschichte. So konsequent und richtig der Schritt des Aufsichtsrats war, jetzt die Trennung vom Sportchef zu beschließen: Das im Januar neu formierte Gremium mit dem Journalisten Manfred Ertel an der Spitze steht erst noch vor seiner großen Bewährungsprobe.
Viel zu oft hatten sich die Kontrolleure – die "Bild" bezeichnet sie gerne als Rat der Ahnungslosen – in der Vergangenheit zum Gespött der Liga gemacht, vor allem bei der teilweise dilettantischen Sportchef-Suche nach dem Ausscheiden von Dietmar Beiersdorfer 2009.
Erst ließ man sich von der ehemaligen Klubführung (Bernd Hoffmann und Katja Kraus) weismachen, der Verein sei auch ohne einen Nachfolger wunderbar zu managen. An den Folgen leidet der Verein im Grunde noch heute.
Einige Possen in der Vergangenheit
Der unerfahrene Bastian Reinhardt, der erst nach einem monatelangem Führungsvakuum installiert wurde, hatte im Grunde nie eine Chance und durfte sich später, ebenfalls erfolglos, am Nachwuchs versuchen. Die Possen um die gescheiterten Verpflichtungen von DFB-Scout Urs Siegenthaler und Matthias Sammer sind noch lebhaft in Erinnerung.
Der Aufsichtsrat kann jetzt beweisen, dass er es besser kann und sein beschädigtes Image aufpolieren - in Zusammenarbeit mit dem Vorstand.
Nach einer zügigen Abfindungsregelung mit Frank Arnesen (und seinem Assistenten Lee Congerton) gilt es, schnell für klare Strukturen zu sorgen und sich endlich die richtige sportliche Kompetenz ins Haus zu holen, die dem HSV schon lange abgeht.
Keine Durchgangsstation
Was der Klub braucht: Einen Manager, der bereit ist, das nötige Herzblut und die Leidenschaft für diesen im Grunde wunderbaren Verein zu entwickeln, der nicht nur Tradition ohne Ende und ein eine fantastische Anhängerschaft zu bieten hat, sondern auch ein wirtschaftliches Potenzial, von dem Klubs wie Freiburg oder Augsburg ewig träumen werden.
Und der akzeptiert, dass der HSV derzeit keine überzogenen Millionengehälter an die sportliche Führung zahlen kann, der bereit ist, ins finanzielle Risiko zu gehen und sich leistungsbezogen bezahlen lässt, den Klub nicht nur als Durchgangsstation sieht.
Talente suchen und fördern
Der HSV braucht außerdem einen Sportchef, der die Bundesliga kennt und der auch Spaß daran hat, mal ein Talent in Norddeutschland aufzuspüren und nicht in Londoner Reserveteams. Und der vor allem das Fachwissen und den langen Atem hat, endlich ein schlüssiges Nachwuchskonzept zu entwickeln und umzusetzen.
Gerade ein Verein wie der HSV benötigt, um mittelfristig wieder eine gewichtigere Rolle spielen zu können, einen stetigen Zufluss an Talenten für die Profiabteilung.
Und wenn der HSV das Geld, was zuletzt in die Taschen von Spielerberatern geflossen ist, in ein gutes Scoutingsystem steckt, ist auch viel für die Zukunft gewonnen.
HSV-Räte, übernehmen Sie!