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Meinung Relegation

Der HSV muss sich gegen Fürth an "Kobra" erinnern

Leidenschaft, Emotionen, Chaos: Die Relegationsspiele der Bundesliga sorgen alljährlich für Dramatik Leidenschaft, Emotionen, Chaos: Die Relegationsspiele der Bundesliga sorgen alljährlich für Dramatik
Leidenschaft, Emotionen, Chaos: Die Relegationsspiele der Bundesliga sorgen alljährlich für Dramatik
Quelle: dpa, Infografik Die Welt
Immer am Mittwoch schreibt Udo Muras über Abseitiges aus dem Fußball. Herthas Torschusspanik und Dortmunds Glück stehen für Dramen in einer besonderen Disziplin, der Relegation.

Der Mai bringt den Fußballfans verlässlich aufregende Momente, es ist der Monat der Endspiele. Aus deutscher Sicht ist es diesmal eines zu wenig, wir hatten uns alle schon daran gewöhnt, im Champions-League-Finale mit einer Bundesligamannschaft fiebern zu dürfen. Doch die Realität ist anno 2014 bekanntlich eine andere. Zu kurz kommt die Unterhaltung dennoch nicht, von Donnerstag bis Montag sehen wir gleich fünf Endspiele in Folge. Auch wenn es nur einen Pokal gibt, Samstag spielen ihn der FC Bayern und Borussia Dortmund in Berlin aus.

Die anderen Endspiele tragen den sperrigen Namen "Relegation" und entscheiden über das Teilnehmerfeld von Bundesliga und Zweiter Liga. Denn seit 2009 ist eine Saison erst fertig, wenn der Schiedsrichter das zweite Relegationsspiel abpfeift.

Es gilt der allseits beliebte Europapokalmodus, ein Auswärtstreffer zählt bei Torgleichheit doppelt, und wenn nichts mehr hilft, dann gibt es eben ein Elfmeterschießen. Es ist ein bisschen wie im alten Rom: Es geht im übertragenen Sinn um Leben und Tod. Ja, da schauen wir doch gern zu. Auch weil da eben Dinge passieren, die wir bei normalen Bundesligaspielen niemals zu sehen bekommen.

Unvergessen bleibt der Skandal von Düsseldorf vor zwei Jahren, als die Fortuna-Fans den Aufstieg ein wenig zu früh feierten und ein besonders euphorischer junger Mann gar den Elfmeterpunkt ausbuddelte, während das Spiel noch nicht beendet war. Was die Fans irrtümlich annahmen – danach standen sie zu Hunderten am Spielfeldrand und zählten die Minuten bis zum Abpfiff. Szenen, die wir aus den Siebzigern kannten.

Torschussangst bei Hertha BSC?

Das Chaos veranlasste die Berliner Hertha zu einem Protest, der mit durchaus guten Argumenten unterfüttert war. Eines hieß Torschussangst. "Was wäre denn geschehen, wenn wir ein Tor erzielt hätten?", fragte Sportdirektor Michael Preetz in Sorge um seine Spieler. Weil aber die eigenen Fans die wahren Störenfriede waren und sich als Pyromanen betätigten und auch rein faktisch kein Regelverstoß festzustellen war, lehnte das Sportgericht den Protest ab. Fortunas Aufstiegsfeier am grünen Tisch ging als eine der merkwürdigsten in die Geschichte ein, die Spieler waren schon im Urlaub.

Nun wurden Stimmen laut, die Relegation wieder abzuschaffen, das Sicherheitsrisiko sei zu groß, sagte ein Polizeioberrat im Interesse seiner Untergebenen. Im Sinne des Fußballs aber ist der Nervenkitzel, und so wird fröhlich weiter relegiert. Der HSV, dem selbst ein Wunderheiler und dessen mystische Bergkristalle nicht halfen, die Niederlagenserie zu stoppen, mag Zuversicht in der Statistik finden. Das Duell zwischen dem 16. der Bundesliga und dem Tabellendritten der Zweiten Liga gewinnt in zwei von drei Fällen der klassenhöhere Verein. Von 1981 bis 1991 und seit 2009 gibt es das grausame Nachspiel, es steht 10:5 für den Favoriten.

"Kobra" Wegmann hielt Dortmund in der Bundesliga

Früher wurden die Dramen zuweilen auf die Spitze getrieben, es gab keine Auswärtstorregelung und im Fall der Fälle ein drittes Spiel. Legendär sind die Spiele von 1986 zwischen Borussia Dortmund und Fortuna Köln. Der Zweitligaklub führte in der Summe bis 45 Minuten vor Schluss des Rückspiels 3:0, da erinnerten sie sich in der BVB-Kabine an das Wunder von Uerdingen.

Wenige Wochen zuvor hatte Bayer im Europapokal Dynamo Dresden nach 1:3-Rückstand noch 7:3 besiegt. Die Geisterbeschwörung half, nach 89 Minuten stand es 2:1, und in letzter Sekunde drückte Jürgen "Kobra"Wegmann den Ball zum 3:1 über die Linie und wurde zur Klublegende.

Fortunas A-Jugend wäre besser gewesen

Vergessen war plötzlich, dass er vor dem Spiel tolldreist von seinem neuen Klub Schalke 04 geschwärmt hatte ("Da kann ich eher Nationalspieler werden als in Dortmund. Ich möchte möglichst nahe am Parkstadion wohnen"), vergessen waren auch die "Judas"-Rufe und die wüsten Pfiffe. Wer in der Relegation das rettende Tor erzielt, kann sich alles leisten.

Damals war es nur die vorläufige Rettung, es gab ein drittes Spiel. Wenn noch von Spiel geschrieben werden kann. Die ausgelaugten Kölner meldeten zwölf Spieler krank, erzwangen eine Verschiebung und krochen eine Woche später auf allen vieren zum Anstoßkreis. Besser hätten sie die A-Jugend geschickt, Borussia gewann 8:0! Ob es morgen auch ein Schützenfest gibt?

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