2. Bundesliga

Kommentar - HSV: Wüstefelds Rücktritt war überfällig

Kommentar

Wüstefelds Rücktritt war überfällig

Jonas Boldt (li.) ist nach Wüstefelds Rücktritt alleiniger HSV-Boss im operativen Geschäft.

Jonas Boldt (li.) ist nach Wüstefelds Rücktritt alleiniger HSV-Boss im operativen Geschäft. IMAGO/Oliver Ruhnke

Seine Amtszeit dauerte nur rund neun Monate, ein Platz in den Geschichtsbüchern des HSV ist Thomas Wüstefeld dennoch sicher - als ein Vorstand, der am Ende fast mehr in den Schlagzeilen war als die Spieler. Und eigentlich nie waren es gute. Sein Aus kommt spät. Aber womöglich gerade noch rechtzeitig, um weiteren Schaden vom Verein abzuwenden.

Einer seiner letzten medialen Paukenschläge war sinnbildlich für das Wirken des Medizinunternehmers, der voller Widersprüche amtierte: Vor zwei Wochen hatte er über das "Abendblatt" großspurig Pläne über ein 200-Millionen-Euro-Projekt im Volkspark verkündet und bei der Stadt Hamburg Entsetzen ausgelöst: Spricht da der gleiche Wüstefeld, der verzweifelt um eine Bürgschaft beim Senat für die dringend benötigte Stadionfinanzierung kämpft?

Es war der gleiche Wüstefeld, der einerseits als Finanzvorstand um die Sanierung des maroden Klubs kämpfen wollte und gleichzeitig in seiner Rolle als Anteilseigner das Unternehmen HSV AG neu (und schlechter) bewertet wissen wollte - weil er darauf hoffte, von Klaus-Michael Kühne einen Teil des Kaufpreises für dessen Anteile zurückzuerhalten. Es war der gleiche Wüstefeld, der, je länger er im Amt war, sich in immer mehr Widersprüche verstrickte.

Boldt ist nun alleinverantwortlich und hat Druck

So sehr natürlich auch für den in der Medizinbranche durch etliche Klagen ins Zwielicht geratenen Unternehmer die Unschuldsvermutung gilt, so untragbar war er dennoch. Weil die Enthüllungen selbst für den Schlagzeilen-erprobten HSV zu viel waren, weil darunter und unter dem offenen Machtkampf mit seinem Vorstandskollegen Jonas Boldt auch die Arbeit litt. Und davon gibt es mehr als genug: Boldt, der vorerst die Alleinverantwortung trägt, muss die Stadionsanierung ins Ziel bringen, und zwar unter Zeitdruck.

Fakten schaffen muss auch der Aufsichtsrat: Geht es nun weiter mit Boldt, dessen Vertrag im Juni 2023 endet? Und wie geht es weiter mit Marcell Jansen? Dass der Gremiums-Chef in der Posse um Wüstefeld eine denkbar schlechte Rolle gespielt und lange für seinen ehemaligen Geschäftspartner gekämpft hat, hat seine Position erheblich geschwächt. Wüstefelds Rücktritt könnte womöglich nur der Anfang gewesen sein. Es war ein dringend notwendiger.

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