2. Bundesliga

Hamburger SV: Wenn die Vergangenheit zur Gegenwart wird

Der HSV stellt sich immer wieder selbst ein Bein

Hamburger SV: Wenn die Vergangenheit zur Gegenwart wird

Dem HSV droht erneut ein schmerzhaftes Ende.

Dem HSV droht erneut ein schmerzhaftes Ende. imago images

Und dann spielte auch noch das Wetter mit, um zu symbolisieren, dass in Hamburg das Unvorhergesehene Programm ist. Als die HSV-Profis am Morgen des Ostermontags ihr Spielersatztraining im Volkspark absolvierten, setzte heftiger Schneefall ein. Das passt so gar nicht zum Frühlingsfest, aber es passt dazu, dass in der Hansestadt einfach alles möglich scheint.

Die Retrospektive erscheint nicht mehr nötig

Es passt auch dazu, dass sich die Verantwortlichen seit Wochen beharrlich dagegen wehren, dass immer wieder Parallelen zum kläglichen Scheitern in den beiden Vorjahren gezogen werden, und die aktuelle Mannschaft tatsächlich dafür sorgt, dass die Retrospektive nicht mehr nötig erscheint - es reicht allein der Blick auf die aktuelle Spielzeit. Spätestens seit dem 3:3 von Hannover.

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Zweimal schon, nach fünf siegreichen Spielen zu Beginn und nach einem winterlichen Zwischenspurt von elf ungeschlagenen Spielen, schien der HSV auf Aufstiegskurs, ehe er die komfortable Ausgangslage herschenkte wie drei bereits gewonnen geglaubte Partien. In Heidenheim (2:3) und Aue (3:3) reichten zwei Tore Vorsprung nicht, am Sonntag nicht einmal eine 3:0-Führung.

Sportdirektor Michael Mutzel wehrte auch am Montag zumindest einen Vergleich ab. In Heidenheim und Aue habe der HSV den Zugriff auf die Partie verloren, "das war dieses Mal anders. Wir hatten ja vor und nach jedem Gegentor weiterhin ganz klare Chancen, das Spiel zu entscheiden".

Es fehlt an Konsequenz und Konstanz

In Hannover hatte tatsächlich keine Aufholjagd im klassischen Sinne stattgefunden, die Mannschaft von Daniel Thioune stolperte komplett über sich selbst: Vorn vergab Bobby Wood kläglich Hochkaräter, in der Defensive wurde Amadou Onana mit einem Doppelfehler zum Sinnbild des HSV: Phasenweise wirken der 19-jährige Belgier und seine Kollegen, als seien sie eigentlich zu gut für diese Spielklasse. Um ihr im dritten Anlauf endlich zu entfliehen, aber braucht es Konsequenz. Nicht nur mal eben zwei Mal in Folge, wie gegen Bochum oder Heidenheim (jeweils 2:0) oder 55 Minuten in Hannover, sondern konstant. Genau diese fehlt. Onana. Und dem HSV.

Dem HSV droht erneut ein schmerzhaftes Ende

Mutzel fühlte sich während seiner Aufarbeitung im Hamburger Schneetreiben deshalb an einige vorherige Medienrunden dieser Saison erinnert und räumt dann doch gewisse Parallelen ein. "Ich habe es ja schon ein paar Mal gesagt: Wenn wir ein bisschen nachlassen, und das haben wir am Sonntag im gemeinsamen Verteidigen, dann hat jeder Zweitligist die Qualität, uns wehzutun." Und weil der HSV immer wieder ein bisschen nachlässt, droht erneut ein schmerzhaftes Ende. Der Sportdirektor versucht auch nach dem neuerlichen Rückschlag, Optimismus auszustrahlen, macht in der Mannschaft den Spirit aus, "dass sie es geradebiegen will". Doch allzu oft leistet sie sich eben auch krumme Dinger.

Mutzel: "Wir haben keine arrogante, überhebliche Mannschaft"

Die Gründe dafür herauszufiltern, fällt Mutzel deutlich vernehmbar schwer. "Ich glaube nicht, dass es Hochmut ist", sagt er, "wir haben keine arrogante, überhebliche Mannschaft." Aber eben auch keine, die in der Lage ist, dauerhaft die von Thioune immer wieder eingeforderte Resistenz an den Tag zu legen. Unbestritten hat der HSV unter dem 46-jährigen Ex-Osnabrücker in dieser Hinsicht Fortschritte gemacht. Die Anfälligkeit, sich selbst ein Bein zu stellen, wenn der nächste Schritt möglich und nötig ist, aber scheint mittlerweile so fest verankert in der Vereins-DNA, dass sie auch den aktuellen Kader immer wieder einholt.

Mutzel macht Mut und gibt gleichzeitig den Mahner

"Wir sind immer noch in einer guten Position", sagt Mutzel - ohne den Versuch zu unternehmen, die Situation schönzureden. Mit Ausnahme des KSC hat der HSV bis Saisonende nur noch Gegner aus der unteren Tabellenhälfte, holte in diesen sieben Begegnungen in der Hinrunde 18 Punkte. Der Sportdirektor macht Mut und gibt gleichzeitig den Mahner: "Wenn wir miteinander verteidigen, sind wir gut. Wenn wir weniger miteinander verteidigen, kann uns auch jeder Gegner von unten weh tun." Beweise dafür hat der HSV dafür genug geliefert. Und das eben nicht nur in der Vergangenheit.

Sebastian Wolff