Wie am Montagabend gegen Holstein Kiel. Eigentlich ist mit dem 3:3 (2:1) nichts Außergewöhnliches passiert, sondern lediglich genau das eingetreten, was jene, die Dieter Hecking gern als die "üblichen Skeptiker" bezeichnet, ohnehin vorhergesagt haben nach den sonntäglichen Patzern der Aufstiegskonkurrenz aus Stuttgart und Heidenheim: der HSV hat die nächste große Chance auf die Bundesliga achtlos weggeworfen. Und doch bedarf es einer Aufarbeitung. Weil immer wieder dasselbe passiert. Und auch der nächste Trainer in einer langen Liste nicht in der Lage scheint, die Probleme beheben zu können. Gegen Kiel trug er sogar dazu bei.
Heckings leises Eingeständnis
Trotz eines Fehlstarts in die Partie hatte sich seine Formation schnell gefangen und eine Stunde lang ein ansehnliches, dynamisches Heimspiel abgeliefert. Als dann spürbar die Stabilität verloren ging, veränderte der Coach fast die gesamte Statik im Zentrum: Er nahm erst Kapitän Aaron Hunt vom Feld, der sich zwar verausgabt hatte, offensiv wie defensiv gegen Kiel jedoch totale Kontrolle verkörpert hatte; als das HSV-Gebilde in der Schlussphase dann bedenklich zu wanken begann, entfernte er mit David Kinsombi und Joel Pohjanpalo zwei weitere Säulen, nahm insgesamt einen Dreifach-Wechsel vor, der mitentscheidend erschien, weshalb das Spiel endgültig kippte. "Hinterher kann man immer schlau reden", sagt der 55-Jährige. Es ist ein leises Eingeständnis, dass von ihm die falschen Signale ausgegangen sind.
Die Bilanz der Geister-Spiele jedenfalls ist gruselig: Nur sechs Punkte aus fünf Spielen sind die Fortsetzung eines dramatischen Abwärtstrends, der Anfang November begann und lediglich von drei Siegen zum Auftakt in das laufende Kalenderjahr unterbrochen wurde. Gleich drei Mal (in Fürth, Stuttgart und nun gegen Kiel) verschenkte das Team insgesamt fünf Punkte in der Nachspielzeit. "Wenn das einmal vorkommt, kann das passieren", sagt Hecking, "in der Häufigkeit aber nicht." Es passiert aber. Immer wieder.
Dem Aufstiegsdruck offenbar nicht gewachsen
Das lässt den Rückschluss zu, dass diese Mannschaft trotz des immer wieder vom Trainer angestimmten Lobliedes auf die Mentalität dem Aufstiegsdruck in Hamburg eben doch nicht gewachsen ist. Die Anzahl - und die Art - der Gegentreffer ist außerdem mehr als nur ein dezenter Hinweis darauf, dass die im Sommer so hoch eingeschätzte Qualität, insbesondere in der Innenverteidigung, eben doch nicht in dem Maße vorhanden ist. Die Art und Weise, mit der das Team durch die Schlussphase gegen Kiel irrlichterte, dient sogar als Beleg.
Am 33. Spieltag kommt es in Heidenheim zum Showdown
Die Häme (der Gegner) und die Wut (der Anhänger) waren auch am Montagabend wieder der verlässliche Begleiter. Und sie werden bleiben, solange der HSV Dinge fabriziert, die eigentlich unmöglich erscheinen, bei diesem Klub aber mittlerweile beinahe zur DNA gehören. Zumindest Platz 3 hat Hamburg immer noch in der eigenen Hand. Am vorletzten Spieltag kommt es bei Verfolger Heidenheim zum Showdown. Und es sind nicht allein die "üblichen Skeptiker", die Zweifel schüren, ob diese zuletzt immer wieder so labile Mannschaft dem Druck in einem möglichen Endspiel, in dem sie alles verlieren und der Underdog von der Ostalb alles gewinnen könnte, gewachsen ist. Es ist vor allem die Mannschaft selbst.