Bundesliga

Reschkes Vorschläge: Doppelspielrecht, kurzfristige Leihen und mehr Zeit für Transfers

Gastbeitrag von Schalkes Technischem Direktor

Reschkes Vorschläge: Doppelspielrecht, kurzfristige Leihen und mehr Zeit für Transfers

Macht sich Gedanken, wie sich der Fußball verändert: Schalkes Technischer Direktor Michael Reschke (hier mit Trainer David Wagner).

Macht sich Gedanken, wie sich der Fußball verändert: Schalkes Technischer Direktor Michael Reschke (hier mit Trainer David Wagner). imago images

Der Transfermarkt wird sich in den nächsten beiden Jahren gravierend verändern. Dies betrifft nicht nur sinkende Transfersummen, reduzierte Spielergehälter und eine neue Ausrichtung bei den Beraterhonoraren. In der aktuellen Situation gilt es vor allem auch, querzudenken und gegebenenfalls das Transfersystem - zumindest für einen gewissen Zeitraum - zu modifizieren und zu erweitern. Pragmatisch handeln und Chancen nutzen, das ist gefordert.

Flexible Transfermodelle und Doppelspielrecht

Flexible Transfermodelle, die sich in anderen Ländern bewährt haben, müssen diskutiert werden. Dies gilt auch für das Doppelspielrecht für junge Talente, wie es in Österreich höchst erfolgreich praktiziert wird und mit dem in Deutschland im Handball, Basketball und Eishockey sehr gute Erfahrungen gesammelt worden sind. Ein junger Spieler könnte während einer Saison sowohl für einen Erst- als auch einen Zweit- oder Drittligisten aktiv sein.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Talente erhielten deutlich mehr Spielpraxis, der Erstligist hätte Back-up-Lösungen bei personellen Engpässen. Der Zweit-/Drittligist kann sich über einen interessanten Perspektivspieler zu überschaubaren Kosten oder gar zum Nulltarif freuen. Dort würde zudem bei zwei oder drei Leihspielern das gesamte Personalbudget deutlich reduziert. Gerade auch kurzfristige Leihvarianten für zwei oder drei Monate sollten geprüft werden. Man könnte als Klub besser auf Verletzungsproblematiken reagieren. Wegen der schwer kalkulierbaren Verletzungsrisiken sind Spielerkader oftmals sehr groß - mit der Konsequenz, dass etliche Spieler bezahlt werden müssen, die am Ende einer Saison teilweise weniger als 100 Einsatzminuten vorweisen. Damit ist keinem geholfen.

Erheblich mehr Leihvarianten oder Tauschaktionen

Zwingend diskutiert werden müssen die Zeiträume und die Anzahl der Transferperioden. Eine Verlängerung der ersten Periode - sogar durchgehend bis zum 31. Januar - könnte aus wirtschaftlicher und sportlicher Sicht sinnvoll sein, weil es dadurch deutlich mehr Handlungsoptionen für die Klubs gibt (Im Interview mit dem kicker sprach sich der Mainzer Sportvorstand Rouven Schröder indes dagegen aus). Vermutlich wird es zunächst erheblich mehr Leihvarianten oder auch Tauschaktionen geben, wenn dies für die betreffenden Klubs und natürlich auch die Spieler eine sinnvolle Option ist.

Klar muss sein: All diese Varianten können nur dann zum Tragen kommen, wenn alle beteiligten Parteien zustimmen. Kein Spieler kann und darf gegen seinen Willen transferiert, verliehen oder mit Doppelspielrecht ausgestattet werden. Und jeder Klub besitzt die Handlungsfreiheit, solche Überlegungen zu nutzen - oder eben nicht.

Unsere Scoutingabteilung beim FC Schalke 04 arbeitet sehr gewissenhaft, um auf alle möglichen Szenarien vorbereitet zu sein. Kompliment an Chefscout Adrian Babic und das Team, die diese Zeit absolut effektiv nutzen.

"Eine gewisse Fehlerquote nicht zu vermeiden"

Grundsätzlich noch eine persönliche Anmerkung zur in vielerlei unsicheren Gesamtsituation im Profifußball in den Zeiten der aktuellen Corona-Krise: Bei der Vielzahl und der Komplexität der Entscheidungen, die jetzt gefällt werden müssen, ist eine gewisse Fehlerquote nicht zu vermeiden. Und im Nachhinein wird es viele Besserwisser und negative Kritik geben. Ich habe aber hohe Achtung vor den Verantwortlichen, die jetzt ausgewogen und sachlich analysierend entscheiden. Dies gilt in hohem Maße für Christian Seifert und sein DFL-Team, deren Arbeit große Anerkennung verdient.

Auch bei Schalke erlebe ich dies jeden Tag. Unser Vorstand mit Jochen Schneider, Alex Jobst und Peter Peters leistet einen sehr guten Job. Wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam diese schwierige Situation erfolgreich bewältigen werden.

Michael Reschke (62) ist seit Juni 2019 für die Scoutingabteilung und Kaderplanung auf Schalke zuständig. Zuvor arbeitete er für den VfB Stuttgart, den FC Bayern und mehr als 30 Jahre für Bayer Leverkusen.

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