Bundesliga

Nichts für Großverdiener: Ein Kurzarbeit-Experte klärt auf

In Bundesliga und 2. Liga geht es um mehr als 170 Millionen

Nichts für Großverdiener: Ein Kurzarbeit-Experte klärt auf

Thema Kurzarbeit: Ein Experte klärt auf, was das für die Profiligen bedeutet.

Thema Kurzarbeit: Ein Experte klärt auf, was das für die Profiligen bedeutet. imago images

Pro Monat zahlen die Bundesligaklubs aktuell rund 125 Millionen Euro an Spielergehältern und über 22 Millionen Euro an Gehältern für Personal in Handel und Verwaltung. In der 2. Liga sind die vergleichbaren Summen 20 beziehungsweise 5 Millionen Euro. Insgesamt geht es in beiden Ligen also um mehr als 170 Millionen Euro. Auch Fußballklubs können Kurzarbeitergeld beantragen - dabei gibt es aber Grenzen, die es für Spieler erst ab der 3. Liga abwärts attraktiv machen. Kolja Hein (33), Rechtsanwalt für Arbeits- und Sportrecht in Hamburg, beantwortet fünf fußballspezifische Fragen zu diesem Thema ...

Kann der Arbeitnehmer, in diesem Fall der Fußballprofi, die Kurzarbeit ablehnen?

Die Kurzarbeit kann von dem jeweiligen Spieler abgelehnt werden, wenn es diesbezüglich keine tarifvertragliche Regelung oder eine Betriebsvereinbarung gibt. Grundsätzlich liegen diese bei Profispielern nicht vor. Der Spieler hat daher nicht die Pflicht der Kurzarbeit zuzustimmen, da diese gravierend in seinen Vertrag eingreift (weniger Gehalt). Hier kann es natürlich zu einer Drucksituation führen, wenn der Spieler älter ist und sein Vertrag zum 30. Juni 2020 auslaufen sollte. Eine Kurzarbeit hat zudem auch immer negative Auswirkungen auf die Rente. Eine diesbezüglich ausgesprochene Kündigung, wie aktuell in der Schweiz beim FC Sion erfolgt, verstößt gegen das Maßregelungsverbot gemäß Paragraf 612a BGB. Wir raten dem Spieler in dem Fall zudem, schriftlich der Kurzarbeit zu widersprechen, damit in einem potenziellen Prozess der volle Lohnanspruch geltend gemacht werden kann.

Wenn man die Mannschaft als eine Abteilung des Profiklubs begreift, muss dann für alle die gleiche Kurzarbeit angeordnet werden?

Grundsätzlich muss mit jedem einzelnen Spieler die jeweils eintretende Reduzierung individuell vereinbart werden. Im Ergebnis macht es natürlich Sinn die gesamte Mannschaft gleich zu behandeln und die identische Reduzierung der Stunden vorzunehmen. Eventuell kann es jedoch bei verletzten Spielern zu einer Mehrarbeit kommen. Aus Kostengründen ist diese Differenzierung jedoch nicht ratsam, da die Geschäftsführung beziehungsweise der Vorstand auch schnell in der Haftung landen kann und daher die Lohnkosten stark senken sollte, damit einer potenziellen Insolvenz vorgebeugt wird.

Wird das Individualtraining, das ein Profi nach Vorgaben des Klubs absolviert, als Arbeitszeit angerechnet?

Der Spieler hat die Pflicht, sich fit zu halten. Zudem hat er die Pflicht, am Trainings- und Spielbetrieb teilzunehmen. Wenn - wie jetzt - ein solcher Betrieb nicht stattfinden kann, muss der Klub als Arbeitgeber Home-Office anordnen. Darunter fällt das Individualtraining. Dieses wird sodann als Arbeitszeit erfasst. Faktisch ändert sich daher lediglich der Arbeitsort.

Wäre ein Profi bei der Kurzarbeit nicht mehr verpflichtet, sich fitzuhalten?

Die arbeitsvertragliche Pflicht entfällt lediglich bei der sogenannten Kurzarbeit null. Bei einer reinen Reduzierung bezüglich der Stunden entfällt diese Pflicht nicht. Dabei ist auch zu beachten, dass die Arbeitsleistung nicht nur an einem Ort zu erbringen ist, sondern bei Auswärtsspielen die Reisezeit auch als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes zu werten ist. Diese entfällt ja aktuell.

Wie sähe ein Rechenbeispiel für einen Profi mit 100.000 Euro Bruttomonatsgehalt bei Kurzarbeit 50 Prozent aus (Familienvater, 2 Kinder, Steuerklasse III)?

In diesem Beispiel würden die ersten 50 Prozent regulär gezahlt werden. Bei den zweiten 50 Prozent wurde der Spieler grundsätzlich 67 Prozent vom hälftigen Nettolohn erhalten, da er Kinder hat (ansonsten wären es 60 Prozent). Dieser Betrag wird vom Klub errechnet, ausgezahlt und sodann von der Agentur für Arbeit erstattet werden. Hier gibt es jedoch die Besonderheit der Beitragsbemessungsgrenze. Diese beläuft sich im Westen auf 6.900 Euro. Der Spieler erhält kein Kurzarbeitergeld, da sein ursprüngliches Nettogehalt zu hoch war und die Beitragsbemessungsgrenze die Zahlung nicht zulässt.

Aufgezeichnet von Michael Ebert

Die finanziellen Folgen der Krise - Klub für Klub