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Hecking beim HSV: "Ich tue mir hier gar nix an!"

Der neue Trainer unterschreibt Spezial-Vertrag in Hamburg

Hecking beim HSV: "Ich tue mir hier gar nix an!"

Hat auch seinen Sohn froh gemacht: HSV-Trainer Dieter Hecking.

Hat auch seinen Sohn froh gemacht: HSV-Trainer Dieter Hecking. imago images

Am sportlich tiefsten Punkt der Vereinsgeschichte mit Dieter Hecking einen renommierten Fußball-Lehrer präsentieren zu können, der seine letzten Klubs regelmäßig nach Europa geführt hat, ist aus Sicht des Hamburger SV durchaus bemerkenswert. Die Vertragskonstellation ist es ebenfalls und bislang einmalig an der Elbe.

Der 54-jährige Coach unterschrieb am Mittwoch zunächst einen Vertrag für ein Jahr - und soll doch insgesamt drei Spielzeiten bleiben. Beim Saisonziel Aufstieg verlängert sich der Kontrakt automatisch bis 2021 und bei einem dann folgenden Erstliga-Klassenerhalt um eine weitere Spielzeit. Das unterstreicht die klaren Ambitionen und passt zu Hecking. "Wenn der HSV das Ziel hätte, ein guter Zweitligist zu sein, dann säße ich jetzt nicht hier."

"Ich habe mich schon als kleiner Junge zu diesem Verein hingezogen gefühlt"

Hecking weiß, dass schon viele vor ihm auf dem Podium im Pressraum des Volksparkstadions gesessen haben und dass zuletzt keiner froh geworden ist. Er ist es dennoch. "Ich war früher Fan von Kevin Keegan, habe mich schon als kleiner Junge zu diesem Verein hingezogen gefühlt, der HSV hat einen gewissen Stellenwert in meiner gesamten Familie, und jetzt bin ich hier, das ist toll."

Höflichkeitsfloskeln neuer Angestellter sind durchaus üblich bei Vorstellungs-Pressekonferenzen, bei Hecking ist es tatsächlich mehr. Schon in der Vergangenheit hat er im privaten Kreis nie ein Hehl aus seinem Faible für den HSV gemacht; dass er den Klub nun nach dem gescheiterten Aufstieg übernimmt, unterstreicht seine warmen Worte. "Ich bin sehr, sehr glücklich darüber, dass ich hier jetzt vorgestellt wurde."

Hecking erklärt, warum er trotz Beckers Aus bei seinem Ja blieb

Sein Wille, endlich HSV-Trainer zu werden, konnte auch nicht durch die Geschehnisse der zurückliegenden Woche erschüttert werden. Freitag hatte der kicker berichtet, dass zentrale Eckdaten noch Ralf Becker unmittelbar vor seiner Freistellung mit dem umworbenen Coach festgezurrt hat. Hecking bestätigt den Verlauf und sagt: "Die Entscheidung gegen Ralf kam auch für mich überraschend, ich habe mich mit ihm sehr gut ausgetauscht, es waren sehr konstruktive Gespräche, in denen er mir ein gutes Bild vom HSV gezeichnet hat."

Dennoch blieb er bei seinem Ja-Wort. Weil er sich zuvor schon von allen gewollt gefühlt hat. "Auch Bernd Hoffmann hat mir davor schon das Gefühl vermittelt, dass ich der Wunschkandidat bin. Jonas Boldt hat dies dann am Sonntag auch ganz klar gemacht. Es wurde nicht taktiert. Deshalb habe ich meine Entscheidung aus Überzeugung getroffen." Und ganz nebenbei auch die Familie glücklich gemacht: "Auch mein Sohn ist großer HSV-Fan. Er sitzt auf den Färöern und sagt: 'Gott sei Dank hat es geklappt!'"

"Ich mag Herausforderungen und keine Beamtenaufgaben"

Mit Becker hatte Hecking auch bereits konkrete Kaderkorrekturen besprochen - nun setzt er diese mit dessen Nachfolger Boldt fort. "Dinge, die ich mit Ralf angegangen bin, führe ich nun mit Jonas weiter." Dass die eine oder andere Entscheidung Zeit braucht, kalkuliert er dabei ein. "Ich gehe nicht davon aus, dass wir unseren Kader zum Trainingsstart am 17. Juni komplett haben."

Totale Zuversicht strahlt er dennoch aus. "Viele sagen ja: Warum tut der sich das an? Aber ich tue mir gar nix an, ich freue mich darauf. Ich mag Herausforderungen und keine Beamtenaufgaben. Es könnte so sein, dass ich gerade am richtigen Ort bin."

Sebastian Wolff

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