Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Regionales
  3. Hamburg
  4. Saisonstart für den HSV: Der Dino hat sich neu erfunden

Hamburg Saisonstart

Der Dino hat sich neu erfunden

Er wurde trotz des Abstiegs nicht ausgemustert: Dino Hermann Er wurde trotz des Abstiegs nicht ausgemustert: Dino Hermann
Er wurde trotz des Abstiegs nicht ausgemustert: Dino Hermann
Quelle: pa
Nach dem Abstieg konnte der HSV schon vor dem ersten Saisonspiel, das an diesem Freitag gegen Kiel steigt, sein Image verbessern – und die Fans ziehen mit. Der Einsatz von Hunt ist noch ungewiss.

Natürlich wäre der HSV am liebsten erst in drei Wochen in die Saison gestartet. Dann, wenn die Klubs im Oberhaus ins Rennen gehen. 55 Jahre hatten die Hamburger ununterbrochen zur Elite im deutschen Fußball gehört. Damit ist es nun zumindest für eine Spielzeit vorbei. Doch der Trauer über den erstmaligen Abstieg ist mittlerweile Vorfreude auf das Neuland Zweite Liga gewichen. Statt zu sterben, hat sich der Bundesliga-Dino ein Stück weit neu erfunden. Die lange scheinbar ewig tickende Bundesliga-Uhr wurde kurzerhand umfunktioniert und zählt nun die Zeit seit der Klubgründung. Auch das plüschige Maskottchen Dino Hermann hüpft weiter fidel umher. Einzig ein Pflaster auf der Schnauze zeugt von der Bruchlandung in der Vorsaison.

Verkehrte Welt im Volkspark. In der Stunde des sportlichen Tiefpunkts in der ruhmreichen Historie herrscht Aufbruchsstimmung. Die Fans haben sich längst mit der Zweitklassigkeit angefreundet und verfallen geradezu in Euphorie. Der HSV boomt. Von Zweitliga-Blues ist nichts zu spüren – im Gegenteil. Echte Fan-Liebe scheint keine Liga zu kennen: 99,9 Prozent aller 25.000 Dauerkarteninhaber auf normalen Plätzen erneuerten ihr Saison-Abo aus dem Vorjahr, der Ligaauftakt am Freitag (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf welt.de) gegen Holstein Kiel ist mit 57.000 Zuschauern schon seit Wochen ausverkauft.

Titz will Euphorie nicht bremsen

Auch die Spieler sind heiß auf das neue, für sie völlig unbekannte Terrain. „Ich habe richtig Bock auf die Zweite Liga“, sagt Mittelfeldspieler Lewis Holtby vor dem Auftakt: „Die Fans unterstützen uns brutal. Das tut richtig gut. So macht ein Neuanfang Spaß. Man spürt so ein Jetzt-erst-recht-Gefühl.“ Außer Holtby haben sich auch weitere Leistungsträger der vergangenen Jahre wie Aaron Hunt und Gotoku Sakai dazu entschieden, den Betriebsunfall umgehend zu korrigieren. Das Motto: „Wir wollen den Karren gemeinsam aus den Dreck ziehen.“

Christian Titz gibt sich gar keine Mühe, die Euphorie zu bremsen – zumindest nicht die im Umfeld. Er spürt die neue Lust auf packenden Offensiv-Fußball, die er in seiner seit März währenden Amtszeit beim in der jüngsten Vergangenheit wahrlich nicht verwöhntem Anhang geweckt hat. „Der Mensch geht ins Stadion, um seine Mannschaft siegen zu sehen. Wir haben zum Abschluss der Saison wieder Spiele gewonnen. Die Fans stehen wie eine Wand hinter dem Klub, wir sind aufeinander zugegangen, das hat einiges bewirkt“, betont er.

Gleichsam weiß Titz, unter welch großem Druck seine Mannschaft und er von Beginn an stehen werden: „Ganz klar, wir gehen in eine Saison, in der wir liefern müssen. Die Erwartungshaltung an uns ist groß, damit müssen wir umgehen können.“ Am Ende zählt nur die direkte Rückkehr in die Bundesliga. Für das Gelingen der Mission Wiederaufstieg sei ein guter Start enorm wichtig: „Fußball ist ein Psycho-Spiel, da entscheidet sich viel im Kopf. Das macht dich stärker und mutiger, sorgt für Respekt beim Gegner und für Sicherheit.“

Die Konkurrenz sitzt Fiete Arp im Nacken

Im Duell mit dem kleinen Nordrivalen aus der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt erwartet Titz einen Gegner, „der dominant auftreten will und der versuchen wird, uns mutig unter Druck zu setzen“ Er rechne mit einem „offenen Spiel“.

Ob Hunt mit dabei sein kann, wird sich erst kurzfristig entscheiden. Der neue HSV-Kapitän laboriert an Wadenproblemen und konnte auch am Donnertag nicht trainieren. Der Einsatz des Offensivallrounders, der zuletzt in vorderster Spitze agiert hatte, entscheidet sich wenige Stunden vor der Partie gegen Kiel. Vormittags bittet Titz seine Profis nochmals zu einer leichten Aktivierungseinheit auf den Platz, ehe es ins Tageshotel zur Mittagsruhe mit anschließender Teambesprechung geht: „Dann wird sich zeigen, ob es für Aaron für einen Platz im Kader reicht.“

Gleiches gilt für Fiete Arp. Der Youngster ist zwar fit. Doch ihm sitzt die Konkurrenz mit Pierre-Michel Lasogga und Manuel Wintzheimer im Nacken. Zuletzt konnte Arp am Dienstag im Einsatz für die U21 in der Regionalliga Nord etwas Eigenwerbung betreiben. Sein sehenswerter Treffer gegen den BSV Rehden sicherte dem Nachwuchs den ersten Saisonsieg. Ob der starke Auftritt des 18 Jahre alten Top-Talents als Empfehlung ausgereicht hat, ließ Titz aber offen. Arp sei zwar eine „Bereicherung für die U21“ gewesen, lobte er, fuhr aber fort: „Wie wir über den Kader gegen Kiel entscheiden, wird sich erst nach dem Abschlusstraining zeigen. Wenn er nicht zum Einsatz kommt, wird er wie jeder andere junge Spieler Praxis bei der U21 oder er U19 sammeln.“ Gut möglich also, dass Arp, der erst kürzlich Bayern München absagte und seinen Vertrag beim HSV vorzeitig bis 2020 verlängerte, am Freitag in einem anderen Nordderby aufläuft – mit der U21 in Bremen gegen die zweite Mannschaft von Werder (19 Uhr).

Die Mischung stimmt

In der Abwehr gibt es indes keine Fragezeichen. Nach den schweren Verletzungen von Gideon Jung und Kyriakos Papadopoulos (beide Knorpelschaden im Knie) sind Rick van Drongelen (19) und David Bates (21) in der Zentrale gesetzt, flankiert von Gotoku Sakai und Douglas Santos. Bei seinem jungen Innenverteidiger-Duo habe er keine Sorgen, verriet Titz: „Rick und David haben eine sehr gute Vorbereitung gespielt.“ Mit Jonas David habe zudem ein junger Spieler überrascht und gezeigt, „dass er auf diesem Niveau mitspielen kann“. Als weitere Option nannte er den in dieser Woche aus seinem verlängerten WM-Urlaub zurückgekehrten Albin Ekdal: „Er kann diese Rolle auch gut ausfüllen.“

Anzeige

Die Mischung stimmt. Titz verfügt über viele Akteure, die flexibel einsetzbar sind – und über reichlich Entwicklungspotenzial verfügen. Das Projekt Wiederaufstieg geht der Mannheimer mit der jüngsten Mannschaft aller Zweitligisten an. Das Durchschnittsalter im HSV-Kader beträgt gerade einmal 22,9 Jahre.

Dazu tragen vor allem die aufstrebenden Talente wie Eigengewächse Arp, Josha Vagnoman (17), Tatsuya Ito (21) oder Manuel Wintzheimer (19) bei. Der frühere U21-Coach ist bekannt dafür, ein Händchen für Talente zu haben. Er selbst sagt: „Ich bin jemand, der sehr gern auf junge Leute setzt, sie fördert.“

Der HSV scheint also gerüstet für den Neustart in der Zweiten Liga. Das Maß zwischen Selbstvertrauen und Demut scheint zu stimmen. Die Favoritenrolle nimmt der Absteiger an, mit einem Selbstläufer rechnet aber niemand. Die erstaunlich gute Stimmung rund um den Verein wertet der neue Sportvorstand Ralf Becker als Verpflichtung für die Zukunft: „Die Euphorie ist ein Vorschuss für uns: Jetzt müssen wir dieses Vertrauen auch rechtfertigen.“

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema