Zumindest seinen Humor hat er nicht komplett verloren. Als Nicolai Müller am Sonntagmorgen mit einer schwarzen Stützschiene am linken Bein aus der Kabine kommt und zu seinem Auto humpelt, warten auf dem Parkplatz vor dem Volksparkstadion gut ein Dutzend Journalisten auf den Beginn der Medienrunde mit HSV-Trainer Markus Gisdol.
„Da habe ich wohl den falschen Moment gewählt“, flachst er und lächelt gequält. Müller weiß, dass die Frage nach seiner Verletzung aus der Partie gegen Köln folgt. Nun kann er gleich persönlich den Überbringer der Diagnose spielen, die den HSV im Abstiegskampf richtig schmerzt: Innenbandanriss im Knie, sechs Wochen Pause.
„Leider ist es so“, seufzt Müller. Im Grunde dürfte dies das Saisonaus für den Flügelstürmer bedeuten, der bislang mit fünf Treffern und sieben Vorlagen Hamburgers bester Scorer ist. Was nach dem 2:1 gegen die Rheinländer befürchtet wurde, ist nun Gewissheit. Ein herber Schlag für die Hanseaten. Zunächst durfte Müller noch jubeln über die zwischenzeitliche 1:0-Führung.
Am Ende aber herrschte statt Freude aber Ernüchterung. Passiert war es in einem Zweikampf mit Marco Höger, der Müller in der 52. Minute ohne Absicht mit vollem Körpergewicht auf das Knie gefallen war. Siegtorschütze Lewis Holtby stand direkt daneben, als es passierte. „Ich habe ihn schreien gehört und gehofft, dass es nicht allzu schlimm ist“, sagte er nach dem Spiel. Ein Wunsch, der nicht in Erfüllung ging.
HSV hat nun ein großes Problem
Der Schock über die schlechte Nachricht ist Gisdol anzusehen. Er presst die Lippen zusammen, holt tief Luft und sagt: „Ein glatter Durchriss des linken Bandes. Das ist natürlich bitter und schwierig, wenn man so einen wichtigen Spieler auf diese Weise verliert.“ Allzu lange hadern will der 47-Jährige aber nicht. Er blickt nach vorne. Hoffnung schöpft er dabei aus der Vergangenheit: „Wir haben auch in schwierigen Situationen immer wieder Stärke gefunden. Ich erwarte jetzt auch, dass der nächste in die Bresche springt und versucht, diese Lücke zu schließen.“
Für die Partie am Dienstag in Dortmund (20 Uhr, im Liveticker auf welt.de) steht Michael Gregoritsch als erster Kandidat bereit. Für Aaron Hunt, der zuletzt unter Knieproblemen litt, kommt ein Startelfeinsatz wohl noch zu früh. Am Sonntag absolvierte der Mittelfeldregisseur ein individuelles Programm. Man müsse abwarten, „vielleicht reicht es für den Kader“, dämpft Gisdol die Erwartungen. Als weitere Alternativen nennt er Luca Waldschmidt und Bakery Jatta.
Bisher hat Gisdol immer eine passende Lösung gefunden, um den HSV trotz aller Widrigkeiten auf Kurs zu halten. Nun ist er erneut gefordert. Ebenso wie seine Mannschaft. Dass diese mit Rückschlägen fertig werden kann, hat sie in dieser Saison jedoch nachhaltig bewiesen.