Die Zuschauer im Volksparkstadion jubelten, soeben hatte Filip Kostic in der 36. Minute gegen Borussia Mönchengladbach das 1:1 für den HSV erzielt. Auf dem Platz jedoch liefen zahlreiche Hamburger Spieler nicht wie üblich zum Torschützen, sondern zum Schiedsrichter. Ob sie denn jubeln dürften, fragten sie Deniz Aytekin aufgeregt. Ob das Tor denn tatsächlich zählen würde, oder ob er nicht doch wieder etwas zu beanstanden hätte. Rhetorische Fragen als überflüssige Provokation.
Vom 2:1 (1:1)-Sieg war der HSV zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt, und es hatte sich Ärger aufgestaut, nachdem in der 29. Minute ein Treffer von Bobby Wood wegen vorausgegangener Abseitsstellung von Vorbereiter Albin Ekdal ungewöhnlich spät die Gültigkeit aberkannt worden war. Als die Hamburger schon das Tor feierten, lief Deniz Aytekin an die Außenlinie zu seinem Assistenten Eduard Beitinger. Der hatte zwar nicht die Fahne gehoben, entschied im Dialog aber nachträglich auf Abseits. Zu recht.
Auch sechs Minuten später jubelten die HSV-Fans zu früh. Dem vermeintlichen Ausgleich Lewis Holtbys blieb ebenso korrekt die Anerkennung wegen Abseitsstellung verwehrt. Die Proteste der Spieler verhinderte das allerdings nicht.
Als nun Kostic das Kopfballduell gegen Nico Elvedi gewann und sein Ball an Yann Sommer vorbei im Netz landete, war es eine große Portion Genugtuung, die die Hamburger zum Unparteiischen laufen ließ. Nachdem der ganze Ärger über Aytekin herausgelassen worden war, fanden sich die HSV-Spieler dann doch noch in einer Jubeltraube zusammen. Aytekin, der am Mittwoch beim wundersamen 6:1 des FC Barcelona über Paris mit einer Elfmeterentscheidung im Mittelpunkt der Diskussion gestanden hatte, schmunzelte souverän.
Dass die Hamburger auch nach 90 Minuten feierten, fand seine Ursache vor allem in Bobby Wood und dem überragenden Torwart Rene Adler. Der HSV ist vor den eigenen Fans damit seit sieben Spielen ungeschlagen – eine solche Serie gelang den Hanseaten zuletzt vor sieben Jahren.
Nach dem Kopfball von Filip Kostic, der die Führung von Andreas Christensen aus der 23. Minute ausglich, drehte Wood mit seinem Treffer zehn Minuten vor dem Ende die Partie.
Drmic und Herrmann vergeben
Es war ein rassiges und überaus temporeiches Spiel, das den 52.501 Zuschauern geboten wurde. Nach dem 1:0 gegen Hertha BSC drängte der HSV von Beginn an auf den nächsten Heimsieg, und auch bei Borussia Mönchengladbach war drei Tage nach dem 1:1 in der Europa League gegen Schalke 04 zunächst kein Kräfteverschließ zu erkennen. Trainer Dieter Hecking hatte mit Personalrotation vorgebaut und auf fünf Positionen gewechselt. Auch die angeschlagenen Lars Stindl und Raffael blieben draußen.
Und womöglich wären die Mönchengladbacher auch mit einem Auswärtssieg nach Hause gefahren, hätten Josip Drmic oder Patrick Herrmann ihre Großchancen in der ersten Halbzeit genutzt. Beide scheiterten an Adler.
Im zweiten Abschnitt erhöhte der HSV die Schlagzahl, drängte auf das 2:1 und wurde durch Wood belohnt. Die Hoffnung auf den Klassenerhalt ist größer denn je in Hamburg. Auch wenn die Mannschaft nach dem siebten Saisonsieg zwar weiter auf dem Relegationsrang 16 festsitzt, zog sie nach Punkten mit Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg gleich.